Es wird ja immer wieder diskutiert, ob es sicher und vertretbar sei, mit einem Bogen einen Pfeil auf einen Menschen abzuschießen. In dieser Diskussion schlagen die Wellen meist recht schnell sehr hoch, und so gut wieder jeder der Beteiligten führt irgendein drastisches Beispiel an, um seine Position zu untermauern. Erstaunlich finde ich dabei, dass immer nur über die Gefahren durch die Pfeile gesprochen wird. Die Tatsache, dass beim Liverollenspiel (Larp) die Leute mit „Waffen“, die aus denselben Materialien wie die Pfeile bestehen, auf einander einschlagen, bleibt da weitgehend außen vor. Ich möchte hier einmal zeigen, wie die Pfeilspitzen aufgebaut sind, die ich in meiner Zeit als aktiver Rollenspieler verwendet habe.
Meine Pfeilspitzen bestanden aus folgenden Materialien:
- Stabiler Schaumstoff, wie er auch zum Bau anderer Larpwaffen verwendet wird, in 20 mm Stärke
- weicher, offenporiger Schaumstoff, z.B. aus einer alten Matratze
- Gummiblunt für 11/32″ Schäfte
- Aluminiumscheibe mit 35 mm Durchmesser
- Latexmilch
- Pattex zum Verkleben
Die Kosten hängen natürlich sehr stark von der Menge der Pfeile ab, die man baut. Wir haben in meinem damaligen Rollenspielverein ca. 1000 Stück auf einmal gebaut und kamen da auf einen Preis von etwa 3,- € pro Stück. Baut man nur einige wenige Pfeile, sind die Kosten deutlich höher.
Zwei Dinge sind besonders zu beachten.
- Der Durchmesser muss mindestens 5 cm betragen. Dadurch wird verhindert, dass der Pfeil, wenn es denn wirklich einmal zum schlimmsten Fall kommen sollte, in das Auge eindringen kann. Er stützt sich dann auf den umliegenden Knochen ab und gelangt meist nicht in Berührung mit dem eigentlichen Glaskörper.
- Die Spitze braucht einen stabilen Durchschlagschutz, der zuverlässig verhindert, dass sich der Pfeilschaft durch den Schaumstoff bohren kann. Bei meinen Spitzen übernahm die Aluminiumscheibe diese Aufgabe. Alternativ kann man auch eine Ledereinlage verwenden. Dann muss es aber zwingend ein stabiles, mindestens 3 mm starkes, gehärtetes Rüstleder sein und nicht bloß ein Stückchen Bekleidungsleder von einer alten Jacke.
Das weitere Vorgehen hängt ein wenig davon ab, wie viele Pfeilspitzen man zu bauen gedenkt, ob Leder oder Aluminium als Durchschlagschutz verwendet wird, und wie man mit Werkzeugen ausgestattet ist. Wenn Leder als Durchschlagschutz verwendet wird und eine Bandsäge zur Verfügung steht, dann kann man die einzelnen Materialien als Matten verarbeiten und nach dem Verkleben zuschneiden. Bei Aluminium als Durchschlagsicherung muss man auf jeden Fall in 2 Blöcken arbeiten, da man ja noch die Aluminiumscheibe einkleben muss.
Ich bin folgendermaßen vorgegangen:
- Zwei mit 5,5 cm Kantenlänge quadratische Stücke von dem festen Schaumstoffmaterial aufeinander kleben. Auf ein drittes Stück eine Scheibe weichen Schaumstoff der selben Größe kleben, die ebenfalls 20 mm stark ist.
- Wenn die Klebung gut durchgetrocknet ist, wird in den Block aus dem harten Schaumstoff ein Loch von 13 mm Durchmesser komplett schön mittig durchgebohrt. Anschließend wird die Bohrung auf einer Seite 15 mm tief auf 20 mm Durchmesser aufgebohrt. In den so entstandenen Kanal wird später der Gummiblunt eingeklebt.
- Ich streiche die Bohrung mit Pattex ein und ebenso den Blunt. Diesen habe ich vorher auf einen Pfeilschaft gesteckt, damit ich mir keinen Kleber in den Blunt schmiere. Jetzt schiebe ich den Blunt soweit in die Bohrung, bis er an der weiteren Seite bündig ist.
- Ich klebe die Aluminiumscheibe auf den Blunt.
- Wenn die vorhergehenden Klebungen gut abgetrocknet sind, klebe ich den zweiten Block (den mit dem weichen Schaumstoff) so an den anderen, dass der weiche Schaumstoff außen ist.
- Jetzt lasse ich alles mindestens ein paar Stunden trocknen. Da eine runde Spitze eher unserem Formempfinden entspricht geht es dann an die Formgebung. Am einfachsten lässt sich die Spitze an einem Bandschleifer rund schleifen. Den Schaft kann man dabei gleich als Handgriff nutzen. Den oberen Teil der Spitze habe ich kegelförmig geschliffen. Das muss man nicht machen, es sieht aber einfach gefälliger aus.
- Der nächste Arbeitsgang ist dann das „Latexen“ der Spitzen. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Spitzen mehrfach mit Latexmilch eingepinselt werden, um eine glatte und wasserabweisende Oberfläche zu erzeugen. Die Latexmilch lässt sich problemlos mit handelsüblicher Abtönfarbe einfärben. Wichtig dabei ist, dass der vordere Bereich der Spitze, der aus dem weichen, offenporigen, Material besteht, entweder nicht mit eingepinselt wird, oder nach dem Abtrocknen des Latexüberzuges mit einer Stecknadel perforiert wird. Dieser Bereich der Spitze soll sich nämlich beim Aufprall, ähnlich wie die Knautschzone eines Autos, zusammendrücken und dadurch einen Teil der Aufprallwucht in Verformung umsetzen. Das geht aber nur, wenn er nicht luftdicht ist. Welchen Weg man wählt ist eine Frage der persönlichen Vorliebe. Ich habe diesen Bereich immer mit Tape abgeklebt und so gar nicht erst mit Latex überzogen. Man kann aber auch die Spitzen einfach in die Latexmilch tauchen und später perforieren.
- Damit ist der Bau der Spitzen abgeschlossen und es bleibt nur noch die übliche Pfeilbauarbeit, also Befiedern und Nocken aufkleben. Ich habe meine Pfeile immer ganz normal mit Federn befiedert. Aber das ist Luxus. Beim Larp sind die Pfeile echte Munition. Man schießt damit ins Gebüsch oder auch mal ins Dunkle, wenn man Wache schiebt, oder Leute treten während der Schlacht darauf. Sie werden nass und dreckig, während man durchs Gelände pirscht und was der Widrigkeiten noch so sein können. Deshalb empfehle ich, die robuste Variante zu wählen, Plastiknocks und Plastikfletches.
- Noch ein Wort zu den Schäften. Da als Basis des Spitzenaufbaus Gummiblunts im Durchmesser 11/32“ verwendet werden, bietet es sich an, auch entsprechende Schäfte aus dem Bogensportzubehör, aus Fichte oder Kiefer zu verwenden. Wem das zu teuer ist, der kann auch einfache Dübelstangen aus dem Baumarkt verwenden, Durchmesser 10mm. Diese müssen aber eventuell so zurecht geschliffen werden, daß die Blunts „saugend“ darauf passen. Aus Gründen der Sicherheit – fester, sicherer Halt der Spitzen – und der Bequemlichkeit – man erspart sich das Schleifen und kann auch direkt die passenden Kunststoffnocken verwenden – empfehle ich „echte“ Pfeilschäfte zu verwenden. Diese sollten in der höchsten verfügbaren Spineklasse gekauft werden. Schließlich ist so eine Larpspitze schwer und unförmig.
Zum Abschluss sei noch mal darauf hingewiesen, dass vor allem die beim Larp erlaubten Bogenzuggewichte (Je nach Spielleitung 25-30lbs maximal) nicht überschritten werden dürfen und alle weiteren Vorsichtsmaßnahmen eingehalten werden, und dass auch der beste Larppfeil immer wieder überprüft werden muss. Seid also besser vorher schlau als hinterher klüger!
Viel Spaß beim Basteln und Spielen.